Bilder und Berichte 2005
Großbrand im Reifenwerk
Katrin & Patrick hatten am Samstag, 30.April 2005 Dienst in unserer Messe und läuteten zur letzten Bestellung, als Matte hinein kam und meinte, das Reifenwerk brenne. Matte legte vom Nachtsegeln kommend an und sah vor dem klaren Himmel schwarze Wolken über dem Wald gen Himmel ziehen. Es war gegen 23.45 Uhr.
Mit dem Telefon in der Hand rannten wir so schnell es ging zum Adlergestell vor. In der Tat waren die lodernden Flammen schon von weitem zu sehen. Ohne zu zögern, riefen wir die Feuerwehr.
Die Zeit zwischen meinem Anruf und dem ersten Eintreffen der Rettungskräfte zog sich ins Unerträgliche hin. Es war ausgesprochen schwer, nur zusehen und nichts gegen die Flammen entrichten zu können.
Endlich war es so weit, das erste Einsatzfahrzeug erreichte sein Ziel. Doch keiner brach in Panik aus, alles geschah in absoluter Ruhe. Wir zeigten den Rettungskräften, wo die eigentliche Wasserentnahmestelle zu finden ist. Nach kurzer Begutachtung folgte die Feststellung, diese sei für diesen Einsatz nicht mehr brauchbar und es wurde schnell klar, dass die Wasserreserven in den Löschfahrzeugen ebenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein darstellten. Das Löschboot aus Köpenick wurde angefordert.
Wir boten unseren Kopfsteg als Anlegestelle für das Löschboot an und begannen erste Schläuche auszubringen. Dann folgten weitere, die nach und nach nachgeliefert wurden.
Mittlerweile säumte sich das Adlergestell mit unzähligen blauen Rundumlichtern, Feuerwehrmänner liefen auf dem Gelände des Reifenwerkes und suchten weitere Wasserquellen. Erste Wasserstrahlen verpufften in den lodernden Flammen, die schwarze Rauchsäule stiegen fast senkrecht in den dunklen Himmel. Es bildete sich eine kleine Menschenansammlung mit bekannten Gesichtern aus unseren Nachbarvereinen.
Das Feuerlöschboot kündigte sich an und wir begaben uns in unseren Hafen, um die Leinen anzunehmen. Nur kurze Zeit später wurde es an die Schläuche angeschlossen und beförderte enorme Wassermengen in Anfangs vier C-Schläuchen mehrere hundert Meter in Richtung Adlergestell auf das Gelände des Reifenwerkes. Es schien, als fügte sich ein Puzzelstück ans nächste.
Nunmehr war erstmals Zeit, die auf unserem Gelände arbeitenden Feuerwehrmänner nach ihren Durst zu fragen und diesen mittels Selters zu löschen. Anschließend begaben wir uns in den Wald, um die Rückseite des Reifenwerkes zu inspizieren. Hier wüteten die Flammen unmittelbar am Zaun zum Wald. Die Brandenburger Feuerwehr stand hier mit nur einem alten W 50 und versuchte, das weitere Ausbreiten des Feuers zu unterbinden, in dem sie ihre auf 5 Tonnen begrenzte Wasserreserve nur ganz gezielt einsetzte und dabei stets den W 50 kühlen musste. Es war grotesk, dass diese Männer auf der einen Seite ein riesiges Feuer bekämpften, jedoch im gleichen Atemzug Ihre Kippen auf dem völlig ausgetrockneten Waldboden austraten.
Nunmehr war es Sonntag, der 01. Mai 2005, gegen 3.30 Uhr als es schien, dass alles seinen geordneten Gang ging und jeder wusste, was er zu tun hatte. Also setzte ich mich auf unseren „Pariser“, trank ein hübsches kaltes Pils und begab mich anschließend in meine Koje.
Etwa eine Stunde später, gegen 4.30 Uhr, klopfte es an unserer Kojentür. Mittlerweile waren die ersten unserer Vereinsmitglieder von der Bewegung auf unserem Grundstück aufgewacht und weckten uns, um in die Messe zu gelangen und den Feuerwehrleuten weitere Getränke anzubieten.
Das THW hatte zwischenzeitlich auch ohne Flammen mit ihren Hochleistungslampen, wo jede ein eigenes Stromaggregat benötigte, die Nacht zum Tag gemacht. Unabhängig hiervon wurde es langsam hell. Erst jetzt zeigten die schwarze Rauchsäule und der Nebel vom Löschen ihr wahres Ausmaß.
Katrin und ich kochten in unserer Messe etliche Kannen Kaffee und verteilten diesen an die fleißigen Helfer, die ihn dankend annahmen. Doch Ruhe kehrte bei der Arbeit der Feuerwehrmänner nicht ein. Plötzlich wurden riesige Pumpen, von Verbrennungsmotoren angetrieben, herbeigeschafft und diese vor unseren Schwimmstegen positioniert. Es hieß, dass das Löschboot dieser enormen Dauerbelastung nicht gewachsen sei und bereits einige Keilriemen an der Maschine ihren Geist aufgegeben hätten. Insofern war es gezwungen, die Förderleistung zu drosseln.
Um den Ausfall zu kompensieren, wurden die Pumpen aufgestellt. Allerdings war die Inbetriebnahme mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, so dass wir hier in Form von Motorenöl, Trichter zum Betanken, Werkzeug und Manpower die Jungs unterstützt haben.
Zwischenzeitlich war bei der Feuerwehr offensichtlich Schichtwechsel. Die meisten Vereinsmitglieder haben von der nächtlichen Aufregung nichts mitbekommen und haben erst am Morgen von dem Brand im Reifenwerk erfahren. Und obwohl das Feuer noch immer nicht gelöscht war, schien innerhalb dieses Ausnahmezustandes ein klein wenig Normalität Einzug zu halten. Die Nacht war vorüber und wir waren nicht mehr allein, die Aufregung wurde durch Routine verdrängt.
Als alle Messen gelesen waren, traf auch die Wasserschutzpolizei am Tatort ein. Zu welchem Zweck war nicht ganz klar. Die Ölsperre haben sie jedoch zusammen mit der Feuerwehr vor dem Abwasserkanal errichtet.
Es war die Angst, das zu verlieren, was wir uns in all den Jahren zuvor aufgebaut und zugleich lieb gewonnen haben, das zu verlieren, was wir unser Hobby nennen, unseren Verein, vielleicht auch Freunde… Wir haben eine Menge Glück gehabt, bedenkt man die Folgen der Brandkatastrophe im Dahme Yacht Club!
In der Ausgabe der Berliner Zeitung vom 02.05.2005 konnte man lesen, dass das Feuer bis zum Sonntagabend (01.05.2005) nicht gelöscht werden konnte. Insgesamt soll es auf etwa 10.000 Quadratmetern des Reifenwerkgeländes gebrannt haben. Anfangs schlugen die Flammen bis zu 100 Metern hoch, so dass der Landesbranddirektor Albrecht Broemme sagte: „Es ist das größte Feuer in Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg“. Eine Brandstiftung wird nicht ausgeschlossen.
Angesichts dieses Ausmaßes waren bis zu 500 Feuerwehrmänner und Mitarbeiter des Technischen Hilfswerkes im Einsatz. Auch das Land Brandenburg schickte Verstärkung. Aus Hamburg, Schwedt, Schwarzenheide und Leipzig wurden zum Löschen etwa 60 Tonnen Schaum herangeschafft. Um die Luftverschmutzung einschätzen zu können, kam ein Fuchs Spürpanzer des Landeskriminalamtes zum Einsatz. Danach sei krebserregendes Dioxin nicht freigesetzt worden, andere Schadstoffe jedoch schon. Darüber hinaus sind Rückstände des Löschschaums durch das Abwassersystem des Reifenwerkes in den Langen See gelangt, wo man mittels Proben feststellte, dass sich eine ganze Palette organischer Stoffe im Wasser befinde.
Das Adlergestell war an diesen Tagen komplett gesperrt, die Tram 68 stellte den Verkehr ein.
Bereits im August 2004 hat es aufgrund von Brandstiftung am gleichen Ort gebrannt.
Laut Berliner Morgenpost vom 10.05.2005 wird das Umweltamt Treptow-Köpenick den Boden auf dem Gelände des insolventen Berliner Reifenwerks untersuchen und sich um die Sonderabfälle kümmern. Rund 20.000 Kubikmeter Altreifen wurden bei dem Brand vernichtet. Die Anordnung zur Entsorgung der Altreifen ist dem Insolvenzverwalter zugegangen, sagte Umweltstadtrat Michael Schneider der BMP. Notfalls werde das Land in Vorleistung treten.
Das auf dem Gelände des Berliner Reifenwerks ansässige Berliner Runderneuerungswerk mit seinen 41 Arbeitsplätzen blieb glücklicherweise verschont. Laut Bericht des Berliner Kuriers vom 14.05.2005 ging die Arbeit dort weiter.
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