Berichte und Bilder von Fahrten
Ostseetörn 2007
Seit wir uns mit unserer "Blue Lady" verbandelt haben, sind für uns die Reisen im Sommer zur und um die Ostsee mehr und mehr zum Mittelpunkt der Segelsaison geworden. Auch Frau Waltraud (2. Steuermann, Smutje, und unverzichtbare Deckshand) sind dabei Seebeine
gewachsen.
Da bei einem Gesamtalter von 136 Jahren auch die Kondition zu beachten ist, dafür Zeit keine so große Rolle mehr spielt, sind unsere Törns von vornherein zeitlich etwas länger, die Etmale dafür mit mindestens 20 bis maximal 70 sm nicht als Meilenjagd ausgelegt.
Neben dem Erlebnis des Segelns nutzen wir jede Gelegenheit Land und Leute kennen zu lernen. Daher sind die "angesagten" Marinas für uns eher ein notwendiges unumgängliches Übel, dagegen abgelegene kleine Häfen ein bevorzugtes Ziel. Viele wertvolle Bekanntschaften und auch einige engere Freundschaften mit Gastgebern und auch mit Seglern, die man über die Jahre des öfteren trifft oder mit denen man streckenweise gemeinsam die täglichen Ziele ansteuert, sind so zustande gekommen. Nicht nur das Segeln, auch die vielen kleinen Abenteuer - ob eigene Ausrutscher oder bei anderen Crews belacht - muss man dann nicht bei "Baravitzka" oder bei "Klampe und Frau Elsbeth" nachlesen, man erlebt sie hautnah.
Im Frühjahr 2007 setzte, wie üblich, das große Kribbeln ein. Nach den schon mehrfach geübten Vorbereitungen verabschiedeten wir uns am 13. Juni mittags von unserem Heimathafen. Die Durchquerung Berlins mit Schleusen und stur über das Wasser rasenden Sightseeing-"Kapitänen" erfordert von uns die erste Erholung und die endgültige Urlaubseinstimmung beim gastfreundlichen VSS in Tegel. Danach geht es zügig über den Havel- Oder- Kanal und die Westoder nach Stettin. Am Südufer des Dabiesees stellen wir mit Freude das Entstehen neuer Liegeplätze und Sanitäranlagen fest.
Eine Sommergrippe und die unsicheren Wetterprognosen bewirken den Entschluss, über
Swinoujscie nach Saßnitz zu segeln. Die dortigen schlechten Liege- und Sanitärbedingungen
bewegen uns allerdings, mit dem aus WSW kommenden Wind nach Rønne- Norrekas auf
Bornholm zu flüchten, um von dort aus auf Grund der nun herrschenden Wetterlage die ostschwedische Küste zu erreichen.
Die Richtigkeit der Wahl zeigt die Wetterentwicklung der folgenden Wochen, denn der Segelsommer hat sich in der letzten Juniwoche verabschiedet. Das Logbuch zeigt bis zum Ende der Reise im August nun überwiegend die Eintragungen bewölkt, Regen, Gewitter und Starkwind. Nur an wenigen Tagen wird uns der Wettergott ein entspanntes Segeln gestatten.
In relativ kurzen Etappen reisen wir über Simrisham, Hällevik, die Insel Taernø, Karlskrona und Kristianopel nach Kalmar. Der Jachthafen ist vorbildlich für alle uns bekannten Ostseehäfen: direkt an der Altstadt, Einkaufszentrum, Jachtshop und -service, erstklassige Sanitäranlagen und ein aktives Hafenteam, welches den Ankömmling schon an der Hafeneinfahrt begrüßt und zu seinem Liegeplatz weist. Trotz Überfüllung herrschen hier Sauberkeit und Ordnung. Ein besonderes Erlebnis war die gerade stattfindende schwedische Meisterschaft der H Boote und der J 22-Kreuzer mit internationaler Beteiligung.
Weiter ging es dann über Mönsterås und Figeholm nach Västervik mit seinem riesigen Liegeplatzangebot, - leider auch dem teuersten der Reise. Nach dem Auffüllen der Vorräte verlassen wir die quirlige Stadt und nehmen Kurs nach Øland. Diese eigentlich recht kurze Route wird ein echtes Horrorabenteuer: - Windvorhersage W 16 - 24 kn. Nach der Passage von Saltö frischt es gewaltig auf und wir segeln bei 26 - 30 kn (in Böen bis 35 kn) Wind nur unter gereffter Fock durch das Schärenfahrwasser nach Klintemåla. Nach einem wetterbedingten Hafentag geht es dann bei gutem Wetter und Halbwind nach Byxelkrok an der Nordwestspitze von Øland. Hier wollen wir einen kleinen Zwischenstop einlegen und bei Wanderungen und Radtouren mal vom Segeln Urlaub nehmen.
Als besonderes Ereignis können wir eine Regatta der heimischen Fischer mit traditionellen Booten beobachten. In den Wäldern finden sich reichlich Pilze und Blaubeeren, auch die notwendige Beschaffung von Bargeld wird zu einem kleinen Abenteuer, denn der nächste Geldautomat ist 25 km entfernt.
Nach einer Woche hat sich die Wetterprognose wieder so verschlechtert, dass wir beschließen, wieder zur Küste zu wechseln. Über Sandvik und Timmernabben geht es zurück nach Kalmar, wo wir prompt wieder einregnen und ein Sturmtief passieren lassen müssen. Das Wetter nervt langsam gewaltig und wir beschließen, Schweden ade zu sagen.
Bei günstiger Vorhersage verlassen wir in Gesellschaft mehrerer Jachten Kalmar. Doch bald wird uns die gute Laune genommen. Rund 8 sm vor unserem Tagesziel Degerham brist es entgegen der sonst recht zuverlässigen Vorhersagen des schwedischen Küstenwetterdienstes von 15 kn aus SW auf konstant 30 kn süddrehend auf. Auch die Wellenhöhe nimmt schnell zu. So müssen wir uns nach dem Reffen entschließen, nach Kristianopel abzulaufen. Nach dem Anlegen im sicheren Hafen wackeln uns dann doch ganz mächtig die Beine.
Am nächsten Tag nutzen wir das günstige Wetter und den wieder normalen Wind, um nach
Karlskrona zu kommen, denn es droht schon das nächste Sturmtief. Nach mehrtägiger Zwangspause erreichen wir am 2.August über den inneren Schärenweg Hällevik. Zu unserer Überraschung empfängt uns hier ein gewaltiger Mastenwald und nur mit
Mühe finden wir noch einen Platz in der vierten Reihe im Päckchen. Ungewollt sind wir zum
Jazzfestival gekommen. Zwanzig Bands aus mehreren Ländern bieten hier über drei Tage ein phantastisches Programm. Imponierend, wie so etwas mit Engagement aller Beteiligten und ohne die bei uns üblichen horrenden Eintrittsgelder funktioniert, - in Old Germany undenkbar!
Danach geht es zügig über Simrisham, Ystad, Lohme nach Barhöft. Besonders bleibt dabei die Fahrt im dicken Nebel um Arkona bis Dornbusch in Erinnerung. In Barhöft dann der nächste Wettersturz mit Gewittern und Sturm. Nun wird uns klar, dass wir
diesen Sommer besser abhaken und wir lassen auch den geplanten Besuch der
"Warnemünder Woche" aus. Über die Etappen Stralsund, Seedorf, Gager, Kröslin, Ückermünde und Stettin geht es nach Hause. Beim Eintreffen im Heimathafen in Schmöckwitz werden wir - wie könnte es anders sein? - mit einem zünftigen Gewitterguss empfangen.
Inzwischen keimt bereits wieder die Hoffnung, dass es 2008 nur besser werden kann.
Waltraud und Christian Horschig
Zurück zur Übersicht