Verein Schmöckwitzer Wassersportler e.V.

Berichte und Bilder von Fahrten

Reisebericht der “Blue Lady” - Sommer 2010

1. Etappe von Berlin nach Lübeck ( 09. - 16.Juni 2010)

Zu Beginn dieses Sommers erwartete uns eine besondere Überraschung: - das Hochwasser der Oder führte in der 2. Maihälfte zur Sperrung auch der Westoder. Das Treffen mit befreundeten Seglern in Stettin fiel buchstäblich ins Wasser. Da der ständige Kontakt mit dem WSA ergab, dass das Hochwasser über längere Zeit Bestand haben würde, entschlossen wir uns, den wesentlich längeren Weg über die Elbe nach Lübeck zu wählen und die westliche Ostsee zu bereisen.

Am 09.Juni starteten wir morgens zeitig im Heimathafen Berlin - Schmöckwitz und fuhren bei ruhigem Wetter über den Teltowkanal, vorbei an Potsdam auf dem Sacrow - Paretzer - Kanal in Richtung Brandenburg. Gegen Mittag erfuhren wir dann, dass am gleichen Morgen unangekündigt die Sperrung der Westoder aufgehoben wurde. Eine Umkehr stand jedoch außer Debatte, denn auch die Elbe wies Pegelstände auf, die trotz unseres recht großen Tiefganges( beladen 1,70 m) eine ungestörte Stromreise versprachen.

Nach passieren der Schleuse Brandenburg/ Vorstadt legten wir zur ersten Übernachtung beim “Bootscenter Chlupka” am Quentzsee an.

Am zweiten Tag ging es dann über den Elbe - Havelkanal, und den Abzweig Parey mit Schleuse zur Elbe. Dort erwartete uns ein imponierendes Bild: das Hochwasser bildete zwischen den Deichen einen gewaltigen See mit kräftiger Strömung , für uns zunächst gewöhnungsbedürftig! Mit schneller Fahrt ( 7 - 8 kn über Grund bei halber Maschinenkraft) erreichten wir früher als gedacht Tangermünde, wo wir im Wassersportcenter freundliche Aufnahme, preiswertes Essen und ein wohlverdientes Bierchen fanden. Da es am Morgen blitzte und donnerte und der Regen auf das Kajütdach trommelte entschlossen wir uns, einen Tag zu bleiben.

Wir besichtigten die wunderbar restaurierte Altstadt mit ihren vielen besetzten Storchennestern und tätigten noch einige Einkäufe.

Als nächstes Ziel wählten wir den ehemaligen Grenzort Schnackenburg. Schnell und ohne besondere Probleme waren auch diese 47 sm absolviert. Im ruhigen und abgelegenen Sportboothafen konnten wir sicher liegen. Ein Ortsrundgang mit Besuch im Grenzmuseum und ein leckeres Abendessen rundeten diesen Tag ab.

Nach einer ruhig verbrachten, aber kalten Nacht starteten wir nach Lauenburg, Ausgangspunkt des Elbe - Lübeck - Kanals. Bei sehr nasskaltem Wetter und einem starken Wind aus NW sowie oft nicht erkennbaren kräftigen Querströmungen und Wirbeln eine unangenehme Reise. In der Marina erhielten wir sehr professionell einen guten Liegeplatz zugewiesen und konnten für die nächste Etappe unseren Dieselvorrat ergänzen. Auch hier ließen wir uns eine Besichtigung der malerischen Altstadt und die Verkostung des heimischen Gerstensaftes nicht entgehen.

Gemeinsam mit ebenfalls in Lauenburg angekommenen, uns bekannten Seglern aus Berlin nahmen wir am sechsten Tag die letzte Kanalstrecke in Richtung Lübeck in Angriff. Unser kleiner Konvoi, ergänzt um mehrere Motorboote wurde zügig durch die sieben Schleusen befördert. Insgesamt knapp zwei Stunden Wartezeit erscheinen im Vergleich zur Fahrt über Spree und Havel zur Oder schon als kleines Wunder. Der Blick in die Landschaft zeigt hier ein Bild ähnlich der Westoder: intakte Natur, viele verschiedene Wasservögel und malerische Orte.

Nach mißglückter Durchfahrt auf der Westseite der Teerofeninsel landeten wir dann doch noch wohlbehalten im Stettiner Yachtclub. Hier beeindruckte uns die sehr freundliche Aufnahme durch den Hafenmeister und anwesende Vereinsmitglieder. Ein Besuch des naheliegenden Bad Schwartau mit frugalem Abendessen im “Samos” waren verdienter Lohn für die bisher reibungslos verlaufene Reise.

Am nächsten Morgen überzeugten uns freundliche Gastgeber zum Verzicht auf unsere Mastlegevorrichtung. Schnell zeigte unser Masttop wieder in den auf einmal blau werdenden Himmel und nach schweißtreibender Takelarbeit und einem verdienten Duschbad in der gepflegten Sanitäranlage waren wir dem Traum vom Segeln auf der Ostsee ein gutes Stück näher und hatten dazu noch einige neue Bekannte gewonnen. Die neben uns liegende Ypton “Bootes” mit der Familie Peters trafen wir übrigens im Laufe des Sommers zufällig noch mehrfach.

2. Etappe - Westliche Ostsee ( 17.Juni bis 08.Juli 2010)

Am 17.Juni 2010 legten wir nach gründlichem Studium der Wetterlage im Internet bei strahlender Sonne beim StYC ab. Bei ONO 2/3 waren wir leider gezwungen, unseren Volvo in Gang zu setzen, um bei dem starken Schiffsverkehr zügig und sicher durch Travemünde die offene See zu erreichen. Nach Passieren der “Passat” war es dann soweit! Mit Kurs nach Norden konnten wir endlich unser neues Segel setzen und nach kurzem Trimm das lange entbehrte Gefühl der Ruhe und Freiheit genießen. Am frühen Nachmittag erreichten wir den Yachthafen Grömitz, wo wir vor 10 Jahren mit unserer “Blue Lady” die ersten Schläge auf der Ostsee segelten. Der abendliche Wetterbericht bei dmi.dk und DP 07 versprach leider für die nächsten Tage nichts Gutes:

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NW - W um 6, Schauer, vereinzelt Gewitter - ergo für uns warten auf bessere Verhältnisse, Durchsicht der Takelage und des Motors, Diesel bunkern, Tagebuch ergänzen. Zudem wird es wieder recht kalt. Die Wetterprognosen lassen uns Dänemark als nächstes Grobziel in Betracht ziehen.

Am Montag (21.06.10) kann es endlich weitergehen.. Bei WNW 5 erwartet uns ein super Segeltag mit Ziel Burgtiefe. Beim Segelmacher wird für den nächsten Morgen noch eine kleine Änderung an der neuen Fock geordert, dann geht es südöstlich um Fehmarn nach Rødby Havn. Der Wind dreht auf NNW und legt auf 20 kn zu, also kreuzen. Am dortigen Vereinsanleger finden wir einen guten Liegeplatz, aber ansonsten ist nur die Liegegebühr (120 Dkr) so gut wie die in “Sejlerens” angebotenen Leistungen: Hafenmeister nicht da, Wlan nicht vorhanden, Sanitäranlagen sehr ungepflegt. Sind wir in Deutschland schon so verwöhnt? Da laut DWD für die nächsten Tage kräftiger Wind aus NW ansteht, brechen wir am nächsten Mittag den Kurs nach Nakskov ab und laufen westlich um Fehmarn nach Heiligenhafen. Im Nachhinein eine gute Entscheidung.

Im Vereinshafen des SSC/SVH wurden wir vom Hafenmeister freundlich empfangen und fanden in einer gepflegten Anlage einen ruhigen Liegeplatz. Da sich auch das Wetter zusehends besser zeigte, war ein Stadtbummel angesagt. Der fiel so überzeugend aus , dass wir beschlossen noch einen Tag zu bleiben. Da unser Internetstick streikte wollten wir das Problem klären und auch unsere Vorräte ergänzen. Das erstere gelang leider nicht, so dass wir wieder auf die jahrelang praktizierte Methode zurückgreifen mußten, um einen zuverlässigen Wetterbericht zu haben: -jeden Morgen 6.40 Uhr auf LW 177 kHz automatischer Mitschnitt auf Kassette, tagsüber abhören des jeweiligen Revierfunkes auf UKW. Wo im Hafen Wlan verfügbar war (leider noch sehr selten und in vielen Häfen nicht wie in “Sejlerens“ angegeben oder zu überteuerten Gebühren) nutzten wir dieses selbstverständlich vor allem zum Einholen von Trendprognosen..

Mit dem Besuch von Heiligenhafen schienen wir auch den Sommer gepachtet zu haben, den von nun an konnten wir bei ständig steigenden Temperaturen und stetigen Winden aus NW bis W über Grömitz nach Wismar segeln. Diese aufwendig restaurierte alte Hansestadt ist für uns seit Jahren immer einen Besuch wert. Da aber nur ein Liegeplatz für zwei Nächte verfügbar war und der Wind für die nächsten zwei Tage schlafen gehen sollte beschlossen wir, das nur 7 sm entfernt liegenden Timmendorf/ Poel aufzusuchen, wo wir einen herrlichen Sommertag in sehr malerischer Kulisse erlebten. Nach einem Klön mit Bekannten aus unserem Heimatrevier (“Fering” vom YCW) wurde das erste Bad genommen. Leider ging der erste Sommertraum mit einem Gewitter am Abend schon zu Ende und bei zunehmendem WNW 4 - 5 wurde es im Hafen sehr ungemütlich. Um den unangenehm platschenden Kreuzwellen zu entgehen beschlossen wir, das bisher nur durchfahrene Travemünde anzulaufen. Bei frischem Westwind war es dann allerdings eine echt harte Kreuz bis zum Gedser Weg/Tonne 1 , bevor wir mit einem weichen Anlieger und 7,5 kn Speed in die Trave einlaufen konnten. Hier fanden wir im “Passathafen” (wie wir erfahren mussten wahrscheinlich zum letzten Mal) einen ruhigen Liegeplatz. Besonders beeindruckte uns hier die großzügige Sanitäranlage in Verbindung mit einer recht moderaten Liegegebühr.

Nach drei Wochen Leben auf dem Boot wurde zunächst einmal gründlich “Rein Schiff” gemacht, Durchsichten und Kleinreparaturen erledigt, anschließend der Ort beidseits der Trave erkundet und die Vorräte ergänzt. Ein kleines gesundheitliches Problem führte darüber hinaus zu der Überlegung einen kurzen Zwangshalt einzulegen.

Am 05. Juli legten wir endlich wieder ab, um in Richtung Boddengewässer zu segeln. Hier waren Treffen mit Verwandten und guten Bekannten geplant. Über Kühlungsborn, Warnemünde/ Hohe Düne und Barhöft kamen wir nach Stralsund/Dänholm. Dort war für uns ein Liegeplatz beim YCS reserviert. Mit Familie Müller (“ Sirrah“) aus unserem Verein und Familie Raasch (“Triton”) vom WSV 1921 wurde abends Wiedersehen gefeiert.

Ein kleines Erlebnis zwischen Darsser Ort und Hiddensee: bei fast totaler Flaute überfiel uns ca. 3 sm nördlich der Küste ein Schwarm Fliegen gemischt mit Flügelameisen. Binnen weniger Minuten waren Segel und Plicht von den Insekten dicht besetzt. Erst mit zunehmendem Wind kurz vor der Westküste von Hiddensee verschwand die Plage so schnell, wie sie gekommen war.

3. Etappe - Boddengewässer und Rückreise ( 09.Juli bis 13.08.2010)

Von Stralsund führte die weitere Reise bei herrlichstem Segelwetter über Gager nach Kröslin um Verwandte zu treffen. Die große und sehr gut ausgestattete Marina leidet leider seit Jahren zunehmend an einer bösartigen Krankheit: Als Gastlieger sieht man nämlich fast nur rot - fast alle scheinbar freien Stände sind mit wunderschönen roten “Besetzt” - Schildern verziert. Offensichtlich sind es die dortigen Eigner gewöhnt, auf Ihren Reisen nirgends anzulegen, denn sonst würden sie die kleine Mühe, bei Abfahrt in den Urlaub das Schild auf “Grün” zu drehen, auf sich nehmen.

Von Kröslin starteten wir wieder Richtung Stralsund mit der Absicht die Insel Rügen im Uhrzeigersinn zu runden. Bei ONO 3 und blankem Himmel wollen wir das Segeln genießen und legen auf dem Bodden erst mal die Tonne Reddewitz an, um dann durch den Strelasund zunächst einen Schnupperbesuch in der neuen Marina Gustow zu machen. Statt der in der Werbung versprochenen Marina treffen wir aber nur eine freudlos wirkende Baustelle an. Flink wieder Segel gesetzt und weiter nach Stralsund/Nordmole.

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Beim Abhören der Mailbox dann die Nachricht, dass der jüngere Teil der Familie aus Kanada angereist ist und uns gern in Zingst treffen würde. Nach flottem Start bei SW 3-4 dreht der Wind bei Barhöft auf W, im engen Fahrwasser stehen damit 15 sm Motorfahrt nach Zingst an. Aber es hat gelohnt , wir verleben bei Superwetter gemeinsam drei herrliche Tage.

Nun soll die Rügenrundung weitergeführt werden. Mit W - NW 4/5 erleben wir am 19.Juli eine herrliche Fahrt (überwiegend raumschots) zunächst nach Stralsund, am Tag danach bei südöstlichem Wind nach Wiek/Rügen.

Hier treffen wir wieder die “Triton“ vom WSV 1921. Da für die nächsten Tage Starkwind 6 aus W angekündigt wird, beschließen wir, gemeinsam zurück nach Stralsund zu segeln und einen Blick auf die Schwedentage zu werfen. Dort liegt neben uns wieder “Bootes”, dessen Steuermann als Helfer beim Anlegen einer anderen Yacht einen bösen Unfall erlitten hatte.

Zu unserer Überraschung kreuzt auch “Borni” samt Crew auf dem Weg nach Hiddensee auf. Nach Abzug des Schlechtwettergebiets verzichten wir für dieses Jahr auf die Rügenrundung und wollen über die östlichen Boddengewässer langsam in Richtung Oder segeln. Nach dem Start in Stralsund erleben wir aber leider statt des angekündigten W-NW 3 eine umlaufende 0. Enttäuscht werden die Segel wieder eingepackt. Ein weiterer Flautentag wird in Gager zu einer Radtour über das Mönchgut nach Kleinzicker genutzt.

Von Gager führt uns ein langer Anlieger über den Bodden nach Greifswald/Wieck, wo eine kleine berliner Flotte versammelt ist (“Moin Moin”von der TSG 1898 ,”Da Capo” vom WSV 1921 und ”Daddel Du” mit Familie Groll sen. vom Müggelsee). Auch “Bootes” fährt in Richtung Hanse-Marina vorbei.

Zum Abschluß wollen wir noch Seedorf besuchen. Am 30.07. Segeln wir bei WSW 5/6 und kräftiger Welle mit herrlichen Surfs bei 6,8 kn dort hin und erleben eine böse Überraschung: trotz langen Suchens ist mit unserem Tiefgang kein Liegeplatz zu finden. Da meine Vorschoterin absolut gegen das Ankern im Freien ist, bleibt nach telefonischer Rückfrage in Gager (wo nur ein ungeschützter Liegeplatz angeboten werden kann) als Alternative Lauterbach. Also 7 sm unter Motor gegen Wind und Welle anknüppeln. Nach zwei Stunden liegen wir dann in himmlischer Ruhe im alten Hafen in einem der letzten freien Stände. Glück im Unglück! Die Lehre: -nie wieder bei solch herrlichem Wetter darauf vertrauen, dass in geschützten Häfen noch Liegeplätze frei werden!

Die letzten Tage führen uns über Rankwitz (tolles Fischangebot!) und Ückermünde mit einem Abstecher nach Swinoujscie zur Marina Goclav, die sich sehr positiv präsentiert. Hier legen wir den Mast wieder von Hand und reisen nach kurzem Tankstop in der Marina Marko über die Westoder und den Oder-Havel-Kanal zum Heimathafen. Nach all der Ruhe stellt sich die Fahrt durch Berlin wegen einiger gegenüber Sportbooten äußerst rücksichtslos und teilweise rowdyhaft fahrender Sightseeingschiffer (weiße Mütze, goldene Tressen -aber kein Kopf zum Denken) als Wildwestabenteuer dar. Das Warten am Sportbootanleger der Mühlendammschleuse bergwärts wird wegen der auf engstem Raum meist sehr rücksichtslos wendenden Touristenschiffe zum Alptraum.

Solch unqualifiziertes Verhalten der Berufsschiffer wie auf den 3sm Fahrt auf der Spree durch Berlin haben wir während der 330 sm Fluß- und Kanalfahrt auf Elbe und Oder von keinem Frachtschiffer erlebt. Trotzdem - alles in allem eine Reise, die uns noch lange in guter Erinnerung bleiben wird!

Waltraud und Christian Horschig

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