Berichte und Bilder von Fahrten
Mit dem Stagsegelschoner von Nyköping (Schweden) nach Wismar
seit Jahren segle und arbeite ich auf der Qualle, habe dort viel gelernt, erlebt und Erfahrungen gesammelt. Die nunmehr 80 jährige Dame ist für mich wie ein zweites Zuhause. Doch dieses Jahr könnte vielleicht das letzte Mal gewesen sein, denn sie soll als Berufsschiff verkauft werden. Nur wollen wir mal nicht ganz so schwarz malen... des einen Freud ist des anderen Leid und der Bootsmarkt träge...
Kurzum am Sonntag, den 28.08.2011 war der Tag meiner Anreise. Mit dem Billigflieger von Schönefeld nach Nyköping in Schweden. Die Fluggesellschaft preist das Ziel mit Stockholm an. In Wirklichkeit ist es jedoch ein kleines Kaff am Öxlesund, etwa 100 Kilometer südlich der königlich schwedischen Hauptstadt.
Mein Skipper lies hören, dass an Bord akuter Havana Mangel vorherrscht. Also bestückte ich meine riesige Reisetasche mit drei Flaschen des kostbaren Gutes und besorgte die Vierte im Duty Free. Das sollte erst einmal reichen - abgesehen davon war meine Tasche mit 19,81 Kilogramm eh am Gewichtslimit von 20 kg. Mein Ölzeug, meine automatische Rettungsweste und mein kuscheliges Bettzeug waren bereits an Bord der Qualle. Um 9.30 Uhr startete der Flieger und landete pünktlich um 10.45 Uhr.
Es war interessant aus dem Flieger das zu sehen, wo man sonst mit etwa 5 Knoten stundenlang ohne Land zu sehen umherdattelt. Die sonst so riesigen Frachter und Tanker reihten sich wie klitze kleine Perlen auf einer Kette. Nach etwa 20 Minuten war die luftige Seefahrt mit dem Flieger vorbei. Saßnitz auf Rügen war selbst aus der Höhe klar auszumachen.
Mein Skipper holte mich vom Flughafen mit dem Bus ab. An Bord waren wir nunmehr vier Leute. Wir kannten uns alle. Nur zwei von Ihnen waren dem Segeln nicht ganz dichte wie mein Skipper und ich. Die Aufgaben an Bord waren also klar verteilt und so machten wir uns nach einem Begrüßungs Cuba Libre auf zum Lebensmittelbunkern - ja, am Sonntag - in Schweden geht so etwas!
Am 29.08. legten wir um 10.15 Uhr nach dem Wasserbunkern in Nyköping ab und suchten uns abends eine kleine idyllische Schäre namens Morsh, an der wir dann um 18.15 Uhr fest machten. Es lagen 41 sm hinter uns. Erster leichter Regen ergoss sich über uns.
Am nächsten Tag wollten wir ab 8 Uhr einen langen Schlag nach Gotland wagen. Der Wind wehte anfangs mit etwa 3 Bft aus SW, frischte später dann jedoch bis zu 7 Bft auf, so dass wir zwischenzeitlich den Fisherman runter nahmen. Wir machten teilweise über 9 Knoten Fahrt. Echt klasse. Es war nicht immer klar, ob in den Wolken auf See nur Regen oder auch noch mehr Wind drin steckte. Wir waren auf dem Sprung. Angesichts des enormen Seegangs trotz der dort vorherrschenden großen Wassertiefen, entschlossen wir uns, die Segel erst im Fährhafen von Visby runter zu nehmen. Fest waren wir etwa gegen 18.25 Uhr und hatten 57 sm zurückgelegt.
Am 31.08. legten wir für Susanne und Lothar einen Hafentag ein, bunkerten wieder einmal Wasser. Denn wir wussten nicht, wo wir das Nächste tatsächlich bekommen werden. Berni und ich langweilten uns um die Wette. Jeder Hafentag ist nämlich ein verschenkter Segeltag! Dennoch: Der Altstadtkern von Visby ist echt nett anzusehen.
Bei wirklich wenig Wind ging es am 01.09. um 7 Uhr ab Visby los in Richtung Süden. Zusammen mit den Fähren liefen wir aus. Frühstück auf See, die sich mittlerweile beruhigt hatte. Es war ein halbwegs spätsommerlicher Tag. Vor allem ohne Regen. Gut für die Seele. Um 15.20 Uhr lagen wir nach 47 sm fest an der Nordwestspitze Ölands, in Byxelkrok. Lebensmittelshopping im ICA Markt des Vertrauens war angesagt. Die Bierreserven gingen zur Neige.
Bei Winden, die ich eher von unserem Langen See kenne, also Umlaufend oder von oben kommend ging es am 02.09. ab 10 Uhr los mit dem Ziel Kalmar, auf dem Festland der schwedischen Ostküste. Bei strahlendem Sonnenschein zauberten Berni und ich alles was ging. Einen noch größeren Fisherman und das Monster als Genacker mit über 160 Quadratmetern setzten wir. Erst nach 11 Stunden auf See, vorbei an der Blauen Jungfrau, erreichten wir im Dunklen gegen 21 Uhr Kalmar. Auch hier ergänzten wir Wasser und zogen uns den aktuellsten Wetterbericht via windfinder.de.
Am 03.09.2011 verlassen wir später als sonst, nämlich erst gegen 11 Uhr den Hafen von Kalmar wieder in Richtung Süden mit dem 52 sm entfernten Ziel Utklippan, das wir erst beim Dunkelwerden um 19.45 erreichen. Utklippan sind zwei kleine zauberhafte Schären mit Sauna und Leuchtturm inmitten der Ostsee, die ein kleines Hafenbecken mit zwei Einfahrten beherbergen. Besser ist es dort einzulaufen, solange es noch hell ist... Wir schaffen es gerade noch so mit dem Mondlicht, müssen uns aber, um nicht außen rum fahren zu müssen, durch das enge kleine Hafenbecken zur anderen Einfahrt manövrieren, da nur noch dort ein Platz für uns frei zu sein scheint. Hafenkino für die Yachtis. Entspannt zünden wir im Dunkeln unseren Grill an und genießen selbst eingelegtes Rindfleisch und lecker spanische Grillwürste. Der Leuchtturm zeigte leider keine Kennung, denn er war völlig eingerüstet. Wartungsarbeiten.
Die längste Etappe meines Törns folgt mit 77 sm am 04.09. von Utklippan nach Ystad. Der Wind weht mit 2-4 Windstärken aus südöstlichen Richtungen. Der Tag startet sonnig und zieht sich später zu. Wir bekommen Seenebel und fahren streckenweise mit Radar. Die Sicht betrug nur wenige hundert Meter. Aber so wie er gekommen war, verzog er sich auch wieder. Erst um 21.45 liegen wir im Yachthafen von Ystad fest.
Am nächsten Tag, den 05.09., war frühes Aufstehen angesagt. Wir stellten unser schwedisches Pfandleergut als Spende an Land und verließen schon um 7.45 Uhr den hässlichen Hafen. Was wir am Abend zuvor nicht sahen: wir saßen mit 2 Metern Tiefgang im Schlick. Insofern funktionierte unser gewohntes Ablegemanöver unter Nutzung des Radeffekts nicht. Die Qualle drehte an der Achterspring nicht einen Millimeter. Also spontanes Eindampfen in die Vorspring, so dass der Arsch freikommt. Nur dann beim Rückwärtsgeben bewegt der Radeffekt den Arsch wieder an den Schwimmsteg. Platz nach vorn und achtern Fehlanzeige. Mit beherzten Manövern von Berni haben wir es dann nach 20 Minuten ja doch noch geschafft... Nach 57 sm erreichten wir nass bei fast untergehender Sonne um 17.40 Uhr Klintholm auf der dänisch königlichen Insel Mön. Unser Bier war alle und wir wussten, dass es dort im Hafen einen kleinen Kaufmannsladen gibt, der jedoch um 18 Uhr schließt. Insofern war ich nicht mehr in der Lage, die Leinen einer kurz nach uns einlaufenden klassischen Yacht anzunehmen. Dort stellte ich Lothar hin. Wieder kam ich glücklich und zugleich erfolgreich mit zwei Paletten echt dänisch königlichen Tuborg grön. Ein Hochgenuss!
In Klintholm lagen wir dann zwei ganze Tage wegen Sturm fest und beobachteten das Treiben verschiedener Charteryachten, die trotz des widrigen Wetters mit bis zu 8/9 Windstärken aus- und einliefen. Mal Hafenkino für uns, schließlich gab es einen Crash einer 50 Fuß Charter Bavaria zu beobachten. Menschen sind hierbei nicht zu Schaden gekommen. Bei der polnischen Charteryacht, die später vor uns lag, ist dies jedoch nicht zutreffend. Offensichtlich sind sie nachts in die Stellnetze von Klintholm gekommen, haben dem Boot diverse Gelcoatschäden zugefügt und die Maschine fiel wegen der Netze im Propeller aus. Im Ergebnis muss der Skipper wohl einen Herzanfall erlitten haben und musste mit dem Hubschrauber nach Kopenhagen ins Krankenhaus geflogen werden.
Bei 4 bis 5 Windstärken aus West verließen wir am 08.09. Mönsklint mit Ziel Gedser. Zum Abend sollte der Wind abnehmen, weshalb wir erst gegen 12.40 Uhr ausliefen. Ohne Fisherman, mit Sturmklüver und Reff im Groß. Doch der Wind und vor allem die Welle ließen sich von den Wettervorhersagen nicht beeindrucken. Wir liefen an der Kreuz im Schnitt zwar 6-7 Knoten aber die See war noch sehr eckig und bremste uns bei jeder Welle aus. Wir entschlossen uns deshalb, Hesnaes auf Falster anzulaufen und erreichten den Hafen nach 15 sm um 16.45 Uhr.
Hesnaes sollte unser letzter dänischer Hafen sein, denn wir starteten am 10.09. in Richtung Kühlungsborn. Abgelegt hatten wir bereits um 8.30 Uhr. Die Temperaturen waren wegen dem starken Wind der vergangenen Tage extrem in den Keller gegangen. Nur noch etwa 13 Grad war es warm an Deck. Trotz Sonnenschein. Und so erreichten wir Kühlungsborn nach aufregenden 44 sm vorbei am Verkehrstrennungsgebiet der Kadetrinne gegen 16.50 Uhr. Dort gingen wir lecker im Vielmeer essen. Teuer aber gut. Die anderen Läden an der Pier waren abends schlicht leer.
Zurück im deutschen Funknetz erledigte jeder irgendwie seine diversen Telefonat, holte die Zivilisation der vergangenen Tage nach, brachte sich auf den aktuellsten Stand. Insofern legten wir erst gegen 11.25 Uhr in Kühlungsborn ab. Wohlwissendlich aber auch nur 25 sm nach Wismar vor sich zu haben. In Wismar startete zwischenzeitlich die Ostseecupregatta Rund Hannibal, an der der Sohn meines Skippers teilnahm. Ihn beobachteten wir beim Spinnackermanöver an der Tonne 4 des Fahrwassers nach Wismar. Um 16.45 Uhr endete unsere lange Reise von Nyköping kurz vor Stockholm mit dem Festmachen der Qualle im Heimathafen, dem Alten Hafen der Hansestadt Wismar.
Euer
Patrick
Berlin - Schmöckwitz, 18.09.2011
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